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Clusterkopfschmerz: Rund 100.000 Betroffene gibt es in Deutschland

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Informierten beim Clusterkopfschmerz-Patiententag des Bundesverbandes CSG in der Hardtwaldklinik I in Bad Zwesten rund um die Krankheit: von links Dr. Christoph Berwanger, Andrea Sommer-Fackler, Jakob C. Terhaag, Mirco Scherping (alle drei Bundesvorstand CSG), Dr. Timo Klan und PD Dr. Charly Gaul.
Informierten beim Clusterkopfschmerz-Patiententag des Bundesverbandes CSG in der Hardtwaldklinik I in Bad Zwesten rund um die Krankheit: von links Dr. Christoph Berwanger, Andrea Sommer-Fackler, Jakob C. Terhaag, Mirco Scherping (alle drei Bundesvorstand CSG), Dr. Timo Klan und PD Dr. Charly Gaul. © HWK I

Der bundesweite Patiententag zum Internationalen Tag des Clusterkopfschmerzes fand in der Hardtwaldklinik I in Bad Zwesten statt. Betroffene spricht über Erkrankung.

Bad Zwesten – Der bundesweite Patiententag zum Internationalen Tag des Clusterkopfschmerzes fand jetzt erstmals in der Hardtwaldklinik I (HWK I) statt. Die Veranstaltung organisiert hatte der Bundesverband der Clusterkopfschmerz-Selbsthilfegruppen (CSG). Ungefähr 50 Betroffene aus ganz Deutschland waren der Einladung in den Kurort Bad Zwesten gefolgt.

Die HWK I ist bundesweit als einziges spezialisiertes Neuro-Rehazentrum seit 2022 als Clusterkopfschmerz-Kompetenz-Center zertifiziert. Pro Jahr werden mehr als 40 Patienten mit der Diagnose Clusterkopfschmerz in der Neuro-Reha in Bad Zwesten behandelt. Die zur Wicker-Gruppe gehörende Hardtwaldklinik I und Clusterkopfschmerz-Selbsthilfegruppen verbindet eine enge Zusammenarbeit.

Clusterkopfschmerz: 100.000 bis 120.000 Betroffene gibt es in Deutschland

In Deutschland gibt es 100 000 bis 120 000 Betroffene – damit leiden ungefähr so viele Menschen an Clusterkopfschmerzen wie an Multipler Sklerose. Dennoch ist die Krankheit in der Gesellschaft bislang kaum bekannt.

Der Clusterkopfschmerz tritt plötzlich und in heftigen Attacken auf. Außerdem ist er extrem schmerzhaft. Der Clusterkopfschmerz ist die am weitesten verbreitete Form von trigemino-autonomen Kopfschmerzen und zählt wie Migräne und Spannungskopfschmerzen zu primären Kopfschmerzen – das heißt, der Schmerz ist die Erkrankung. Trigemino-autonome Kopfschmerzen heißen so, weil der Gesichtsnerv (Nervus trigeminus) beteiligt ist. Dadurch handelt es sich beim Clusterkopfschmerz mehr um einen Geschichtsschmerz als um einen Kopfschmerz.

Clusterkopfschmerzt: Experten beleuchten Krankheit und Therapiemöglichkeiten

Bei dem Patiententag beleuchteten mehrere Experten die Krankheit. Dr. Christoph Berwanger, Ärztlicher Direktor und Chefarzt Neurologie an der HWK I, erläuterte dabei die Zielsetzungen der Neurorehabilitation bei Patienten mit Clusterkopfschmerz.

Des Weiteren standen aktuelle Methoden der Schmerztherapie und der Schmerzprophylaxe im Fokus des Vortrags von PD Dr. Charly Gaul vom Kopfschmerzzentrum Frankfurt/Main. Er gilt deutschlandweit als einer der besten Kenner der Krankheit. Auch ging es um sozialmedizinische Aspekte der Krankheit und die damit verbundenen praktischen Fragen einer Antragstellung auf Schwerbehinderung oder Erwerbsunfähigkeit.

Die Frage, ob Cannabis eine Therapiealternative sei, wurde vor dem Hintergrund der künftigen begrenzten Cannabisfreigabe diskutiert. Dr. Timo Klan, Universität Mainz, sprach über psychische Belastungen gerade bei chronischer Beeinträchtigung durch den Clusterkopfschmerz. Die langjährige Schatzmeisterin des Bundesverbandes CSG, Andrea Sommer-Fackler, hat Mitte März das Bundesverdienstkreuz am Bande für ihren ehrenamtlichen Einsatz zur Aufklärung über den Clusterkopfschmerz Mitte März erhalten.

Clusterkopfschmerz-Patientin: „Ich weiß nie, wann eine Attacke kommt“

Nadine Hermann leidet seit 2019 an Clusterkopfschmerzen. Die Diagnose erhielt sie 2021 – nach einer Odyssee von Arzt zu Arzt. Zusammen mit anderen Betroffenen nahm sie am Patiententag zum bundesweiten Internationalen Tag des Clusterkopfschmerzes in der Hardtwaldklinik I teil. Wir haben mit der 35-Jährigen aus Dietzhölztal, das zwischen Dillenburg und Siegen liegt, über ihre Krankheit und ihr Leben damit gesprochen.

Wie äußert sich der Clusterkopfschmerz bei Ihnen?

Ich habe derzeit jeden Tag drei bis vier Attacken. Dabei habe ich Schmerzen im Bereich der Schläfe und im Auge. Es ist ein brennender Schmerz, der sich so anfühlt, als würde mir jemand mit einem Messer ins Auge stechen. Mein Auge tränt, mein Gesicht wird schwitzig. Nachts hindern mich die Attacken am Schlafen und tagsüber bin ich übermüdet.

Was tun Sie dagegen?

Die Schmerzen sind so schlimm, dass ich während einer Attacke gar nichts tun kann. Am liebsten würde ich meinen Kopf gegen die Wand schlagen. Übliche Schmerzmittel wirken nicht, deshalb nehme ich Triptane – die Wirkstoffe werden als Arzneimittel bei der Akut-Behandlung von Migräne eingesetzt (Anmerkung der Redaktion) – und bei mir für die schnelle Wirkung wie Insulin unter die Haut gespritzt.

Wodurch werden die Attacken ausgelöst?

Ich weiß nie, wann eine Attacke kommt, habe aber einige Trigger ausgemacht: Alkohol, flackerndes Licht (zum Beispiel in einer Baumallee), der Geruch von Farbe und von Benzin. Das alles meide ich. Außerdem reagiere ich stark auf Wetterwechsel. Zur Vorbeugung nehme ich ein Herzmedikament und eine Migräneprophylaxe. Doch beide haben Nebenwirkungen.

Wie leben Sie mit Ihrer Krankheit?

Den Kopf in den Sand zu stecken, ist keine Option. Es ist, wie es ist. Ich muss damit klarkommen. Ich kämpfe, kämpfe und kämpfe. Meine Kollegen und meinen Chef habe ich über die Krankheit informiert, da ich auch auf der Arbeit Attacken hatte. Mein Ehemann und mein zwölfjähriger Sohn, müssen zurückstecken. Sie ebenfalls leiden zu sehen, ist das Schlimmste.

Sie waren von Dezember 2023 bis Januar 2024 für vier Wochen zur Reha in der HWK I. Wie geht es Ihnen derzeit?

Die Therapien in der Reha haben mir geholfen. Ich fühle mich besser als vorher. In der Hardtwaldklinik konnte ich mich erstmals mit anderen Patienten, die mein Schicksal teilen, austauschen – das hat richtig gutgetan. Allerdings ist mein Clusterkopfschmerz seit einem Jahr chronisch und damit täglicher Bestandteil meines Lebens. Vorher ist der Schmerz episodisch, also mehrmals im Jahr für sechs bis acht Wochen, aufgetreten.

Wie reagieren Mitmenschen auf Ihre Erkrankung?

Aufgrund von fehlendem Wissen und wenigen Berichten in den Medien über die Krankheit sagen viele, wenn sie „Clusterkopfscherz“ hören: „Ah, Kopfschmerzen, die habe ich auch“. Die Krankheit kann man aber nicht mit „normalen“ Kopfschmerzen vergleichen. (Christina Zapf)

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